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Ein Kind aus Mramorak: Lebenserinnerung
(Am Brunnen in Mramorak - Pfarrer Jakob Stehle - 2003)
Wenn ich an das
BANAT und die DONAUSCHWABEN denke, so sind es besonders zwei Ortschaften: MRAMORAK und RUDOLFSGNAD.
Zunächst waren wir nach dem 2. Weltkrieg sowohl in Österreich als auch in Deutschland "nur" FLÜCHTLINGE. - Vom Banat wußte kaum jemand in Deutschland. - So sind es vor allem zwei Orte, die mich an meine Geburtsheimat erinnern: MRAMORAK und RUDOLFSGNAD.
MRAMORAK
In Mramorak wurde ich (11.2.1942) geboren. Zur Zeit meiner Geburt war mein Vater bei der deutschen Wehrmacht .
In der Obhut der Mutter - zunächst im Vereinsheim der Deutschen (meine Mutter pflegte die Räume) - und im Haus der Großmutter (der Großvater war bei der deutschen Arbeitsgemeinschaft - OT - Organisation Todt) zusammen mit meiner Schwester Elisabeth aufgewachsen.
Nach dem Abzug der deutschen Soldaten und dem Kommen der Partisanen, lebten wir vom Mai 1945 bis Oktober 1945 in einem Ghetto um die deutsche Kirche und deutsche Schule im eigenen Dorf eingesperrt.
Ende 1945 wurden wir mit dem Viehwagen nach Rudolfsgnad gebracht. - Ohne den Mut der Mutter, Essen zu besorgen, wäre ich verhungert.
Mitte 1947 versuchten wir zu fliehen und wurden gefaßt. - Ende 1947 gelang uns die Flucht und wir kamen über Ungarn nach Österreich - und landeten im Flüchtlingslager Nr.63 am Bindermichel (Linz).
Hier lebten wir einige Jahre, bis uns die Ausreise nach Deutschland - 1955 - möglich war.
Es dauerte lange, bis ich die Tragik dieser kurzen Lebensdaten erfaßte. - Am Anfang wurde nur von der "Vertreibung der Deutschen aus dem ehemaligen Banat" gesprochen. Nichts stand in den Schulbüchern. In der Schule wurde darüber nicht gesprochen. Auch in den damaligen damaligen Meiden (Zeitungen und Radio und später im Fernsehen) kam das Schicksal von uns Donauschwaben nicht zur Sprache. - Noch ging es um die vielen tausenden Soldaten, die in Rußland gefangen gehalten wurden.
Daß es auch im Blick auf uns Donauschwaben letztlich um Menschenrechtsverletzungen gin, war kein Thema. - Man sprach von den "Heimatvertriebenen" - und im Volksmund von den "Flüchtlingen".
Das Wort "Diskrimierung" - und zwar einer deutschen Minderheit war nicht zu hören.
Noch sprachen die Eltern und Großeltern und Verwandten von der "schönen alten Zeit" in der Heimat - auch von der Hoffnung, die man hatte, als die deutsche Armee im damaligen Königreich Jugoslawien einmarschierte.
Bei der Einweihung des Mahnmals in JAREK im Jahr 2017 wurde vom "Verschwinden der Donauschwaben" (offizielle Version im heutigen Serbien) gesprochen. Welch eine Verschleierung! - Und noch zeugen manche Kirchenruinen und manche verfallenen Friedhöfe vom Leben der Deutschen im ehemaligen Banat!
Daß uns aber gerade die Geschichte der Donauschwaben zu einem "Lehrstück" über Flucht und Vertreibung werden könnte, war nicht im Gespräch. Angesichts der heutigen Ereignisse von weltweiter Flucht und weltweiter Vertreibung, rückt dies in das Bewußtsein der Menschen - und damit wurde auch der Donauschwaben gedacht. - Leider redet man in einem Atemzug von den "donauschwäbischen Flüchtlingen" und den "heutigen Flüchtlingen"! Dass die donauschwäbischen Flüchtlinge wegen ihres Deutschsein vertrieben wurden, wird dabei übersehen. - Dass sie in die Heimat ihrer Ahnen zurückkehrten, ist den wenigsten bewußt.
Unsere Landsleute waren nach dem Krieg tief traumatisiert und man versuchte so gut wie möglich in der Heimat der Ahnen Fuß zu fassen. - Zunächst war es die Suche nach einer Wohnung, nach Essen und Trinken, die Sorge für die Kinder, daß sie zur Schule gingen.
Und der große Traum war, wieder ein eigenes Haus zu haben.
An psychologischer Betreuung der "Flüchtlinge" dachte niemand! - Viele Jahre hatten sie nur einen Personalausweis "zweiter Güte".
Oft kam es aus falscher Scham, zu den Flüchtlingen zu gehören, zur Selbstverleumdung. Man schämte sich seines donauschwäbischen Dialektes. Über das Rote Kreuz suchte man die Menschen, die als "Vermißt" galten.
Diese furchtbaren Erlebnisse der Donauschwaben fanden keinen Platz in der neuen Heimat und der bundesrepublikanischen Erinnerung.
Auf den nachfolgenden Seiten ist daher die Geschichte des Dorfes Rudolfsgnad und das Schicksal der Einwohner für die heutige Generation und für unsere Nachfahren festgehalten. Sie soll den Gründern und Einwohnern der Gemeinde sowie allen Opfern des berüchtigten Sterbelagers Rudolfsgnad ein ehrendes Andenken bewahren.
RUDOLFSGNAD
Das war das zweite Wort in meiner Lebensgeschichte. - "Hungerslager" sagten die einen; andere sprachen von "Vernichtungslagern". In den damaligen Landkarten fand sich mir der Ort nicht, wußte ich doch nicht, daß es schon lange einen anderen Namen trug: Knicanin.
Dan erfuhr ich, daß es das größte Lager (im Englischen sprechen wir von "Konzentratinslager") war, die im nachfolgenden kommunistischen Jugoslawien für die Deutschen eingerichtet wurde. - Eine ehemalige deutsche Ortschaft an der Mündung der Theiß in die Donau. Sie war am Ende des Zweiten Weltkrieges mit dem Abzug der deutschen Armee geräumt worden. - Es war zum "Lager im Sonderstatus" (was das auch immer bedeutete) für die deutsche Restbevölkerung.
(Siehe: "Leidensweg der Deutschen im kommunistischen Jugoslawien." - Donauschwäbische Kulturstiftung (Hg.) Band III.- München/Sindelfingen 1995. S. 107
[www.kulturstiftung.donauschwaben.net/]
Das Lager war von Oktober 1945 bis März 1948 in Betrieb. Insgesamt wurden durch das Lager 33.000 Personen geschleußt; der höchste Belegungsstand betrug zwischenzeitlich rund 20.500 Personen. Die Zahl der Opfer beläuft sich auf rund 11.000 Personen. Im Mai 1946 befanden sich unter den rund 18.000 Insassen 46% Kinder unter 14 Jahren.
Mein Besuch der Gedenkstätte in Rudolfsgnad:
Im Jahr 2000 gelingt es dem Sekretär der Ortsverwaltung von Knicanin, Sruboljub Stoikovic für die Idee einer Gedächtnisstätte zu gewinnen. Er beantragt und erhält die Baugenehmigung zur Restaurierung der Friedhofskapelle. Im Juli 2001 wird der Vertag zum Wiederaufbau der Kapelle abgeschlossen. Die Fertigstellung erfolgt im Oktober 2001 und die Einweihung erfolgt unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Erwin Teufel
2001 erfolgt die offizielle Zuteilung von einem Hektar Land für die Gedenkstätte Teletschka (als Friedhof eingetragen, zur Nutznießung erhalten). In der Zwischenzeit ist auch ein Gedenkkreuz auf der Teletschka entstanden.
An das Gedenkkreuz angrenzend wurden Stelen aufgestellt, auf denen Ortsgemeinschaften ihre Todeszahlen eingravieren lassen können.
In großer Freundlichkeit wurden wir von der heutigen Ortsverwaltung bei unserem Besuch aufgenommen - und konnten im dortigen Feuerwehrhaus mit unseren Landsleuten essen und trinken. - Ich brach ein Stück Brot und erklärte: Hier im "Hungerslager" war jeden Tag nur ein Satz zu hören: "Ich habe Hunger!"
Siehe meinen Reisebericht von 2003
Ansprache: Peter Zimmermann - 2008
Geschichte der Donauschwaben - Ansiedlung (von Franz Gaubatz und Georg Bader)
Siehe das Zeitzeugnis eines Lagerinsaßen: Zeitzeuge - Franz Apfel
Die Organisation Todt (OT) war eine paramilitärische Bautruppe im nationalsozialistischen Deutschland, die den Namen ihres Führers Fritz Todt (1891–1942) trug. Die 1938 gegründete Organisation unterstand ab März 1940 diesem auch als Reichsminister für Bewaffnung und Munition (RMfBM sowie dem Nachfolgeministerium unter Albert Speer). Sie wurde nach Beginn des Zweiten Weltkrieges vor allem für Baumaßnahmen in den von Deutschland besetzten Gebieten eingesetzt. Bekannt wurde sie durch den Ausbau des Westwalls, den Bau der U-Bootstützpunkte an der französischen Küste sowie des „Atlantikwalls“ (verbunkerte Artillerie- und Verteidigungsstellungen). Ab 1943 baute sie die Abschussrampen der V1- und V2-Raketen. Im Sommer 1943 folgte im Reichsgebiet der Ausbau von Luftschutzanlagen für die Zivilbevölkerung (Erweitertes LS-Führerprogramm) und die Untertageverlagerung von Industriebetrieben. In der Organisation kamen seit Kriegsbeginn vielfach Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge zum Einsatz.
(Quelle: Wikipedia)
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