MRAMORAKER GEDENKFEIER - Info 3
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Festpredigt (Pfr.i.R.Jakob Stehle)
(Gedenkfeier - 24.4.2004 - Sindelfingen)
Liebe Mramoraker Landsleute, verehrte Festgäste, liebe Gemeinde!
"Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, dass ihr den Segen ererbt."
1.Petrus 3,9
Liebe Gemeinde!
(1)
Hinter uns liegen die großen Feiertage der
Christenheit:
-> Gründonnerstag
-> Karfreitag,
-> Karsamstag,
-> und Ostern.
Gründonnerstag erinnert uns an die Einsetzung des
Heiligen Abendmahls: Der neue Bund ist
geschlossen!
Karfreitag erinnert uns an das Leiden und die
Schmerzen, den Hohn und die Folter des
Gottessohnes - an Jesu Sterben!
Karsamstag erinnert an das Ruhen der Toten, das
Abschiednehmen, an die vielen Gräber;
und Ostern erinnert uns daran, daß Gott Jesus
Christus aus den Toten auferweckt und zum Herrn
und Christus gesetzt hat.
Daß wir das alles auch in Beziehung bringen zu
unserem Leben - zum Leben unseres Volkes - und
nicht zuletzt auch zum Leben unserer
Heimatvertriebenen, ist ja Inhalt der frohen
Botschaft:
Gott weiß um unsere Heimatlosigkeit, Gott weiß um
unsere Flucht und Vertreibung, Gott weiß um das
Weinen und Klagen um liebe Menschen, Gott weiß
auch um das Weh in der Erinnerung an die Gräber in
Mramorak, in Bawanischta, in Rudolfsgnad und wo
auch immer.
(2)
Aber, liebe Frauen und Männer, Gott will nicht,
daß wir irgendwo auf der Strecke bleiben. Er will
auch nicht, daß wir unser Leben zubringen bei den
Toten - nein: Er ist nicht hier, er ist
auferstanden! - So lautet die frohe Botschaft.
Wir sind als Christen Menschen, die zum Glauben
und zum Hoffen und zum Lieben berufen sind. Und
wir können es, weil all das andere bereits durch
Christus Jesus durchgestanden ist und vollendet
ist.
Ja, wir sind Kinder des allmächtigen Gottes. Er
hat uns nach seinem Bild erschaffen und er hat uns
als Söhne und Töchter durch seinen Sohn erlöst und
berufen.
So sind wir Menschen, die zum Segen und zum Segnen
berufen sind!" - das sagt uns der Monatsspruch
für April - das Wort des Apostels Petrus.
"Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort
mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr
dazu berufen seid, dass ihr den Segen ererbt."
(3)
Welch eine Berufung! - Doch oft klingt es anders:
Man hört ja in dieser Welt oft nichts Gutes über
die Christen: Die seien noch schlimmer als jene,
die nicht in die Kirche gehen! - Solch eine
Aussage tut weh und wir wissen leider, daß sie
manchmal auch mit Begründung gesagt wird.
So gibt es in der Geschichte Europas viele
Berichte von Kriegen und Unrecht, die durch
Christen ausgelöst wurden. Und wir brauchen gar
nicht weit in die Geschichte zurückgehen - nur in
die letzten 60 Jahre.
Es ist ein Elend, was da gelaufen ist - z.B. auch
in unserer schönen donauschwäbischen Ortschaft
Mramorak.
Da lebten drei Völker mehr oder weniger friedlich
beieinander. Jede Volksgruppe hatte ihre Kirche
und Schule, ihre Lieder und Traditionen, ihre
Eigenheiten. Gemeinsam wurden wir verwaltet und
wir standen unter einer Landesregierung.
Unsere Vorfahren hatten gelernt, nach dem ihren zu
sehen und auch die Obrigkeit zu akzeptieren. Sie
hatten aber den Freiraum genutzt, der ihnen
gegeben war, z.B. als deutsche Volksgruppe - als
Minderheit zu leben.
Auch die anderen waren ja Christen: Rumänisch
orthodoxe und serbisch Orthodoxe - und wir
evangelisch-protestantisch.
Aber leider kam unter die Völker Europas der
Zwietracht - es kamen Überheblichkeit und
Unterdrückung - Es kamen Unrecht und Willkür - es
kamen Menschenrechtsverletzungen - es kam der
schreckliche und tötliche Nationalismus.
Und nun wurde vergessen, daß wir Kinder eines
Gottes sind und anstatt einander zu segnen wurde
geflucht, anstatt einander zu achten trat
Verachtung des anderen - anstatt zu lieben kam der
Haß.
Wie schrecklich, daß Christen vergaßen wozu sie
berufen waren:
"Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort
mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr
dazu berufen seid, dass ihr den Segen ererbt."
(4)
Wie anders wäre es, würden Christen sich immer
wieder ihrer großen Berufung bewußt sein:
I: IHR SEID DAZU BERUFEN, DASS IHR DEN SEGEN
ERERBT!
Das ist die erste wichtige Aussage des
Monatsspruches für April 2004.
Es ist die gute Botschaft - es ist das Evangelium:
Gott hat uns lieb. In seinem Sohn Jesus Christus,
segnet er uns. Wir dürfen uns hineinziehen lassen
in den Segensstrom unseres Gottes.
Diesen Segen dürfen Christen auch in den kleinsten
Dingen des Lebens erblicken.
II. IHR SEID DAZU BERUFEN, DASS IHR SEGEN
VERBREITET!
Das ist die zweite wichtige Aussage des
Monatsspruches für April 2004.
Die Welt ist erfüllt von Aktionen, die Böses mit
Bösem und Scheltwort mit Scheltwort vergilt. "Wie
Du mir, so ich Dir!" - heißt die Devise.
Hier nun eine Gegenaktion zu starten, das ist der
Auftrag unserer Berufung. Weil wir gesegnet
wurden, deshalb sollen wir andere segnen.
(5)
Liebe Gemeinde,
war das nicht auch ein Anfang, als wir letztes
Jahr - vertreten durch zwei Reisegruppen - den
Besuch in unserer alten Ortschaft Mramorak
machten?
Wie freundlich wurden wir von den dort lebenden
Menschen, Serben und Rumänen und ein kleiner Rest
von Deutschen aufgenommen.
Wir standen in den beiden Kirchen, der serbischen
und der rumänischen. Wir haben miteinander das
Vaterunser gebetet und wir haben an unsere Toten
gedacht - auch auf dem ehemaligen deutschen
Friedhof in Mramorak und auf dem Schinderacke in
Bwanischta und auch auf der Teleschka in
Rudolfsgnad.
Wir haben auf der Teleschka das Brot gebrochen
und in Mramorak miteinander gegessen. Wir haben
das Wunder erlebt etwas von dem zu erfahren, was
Christen verbindet und was sie verpflichtet:
"Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort
mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr
dazu berufen seid, dass ihr den Segen ererbt."
(6)
Liebe Gemeinde,
Sterben in Christus und Leben in Christus gehören
zusammen.
Klar zeigt der Apostel auf, daß die Hoffnung in
Christus nicht das Sterben meint, sondern das
Leben, nicht das, was das Sterben fluchend
herbeiwünscht sondern das, was segnend das Leben
vorbereitet und hält.
Fluchen ist wie Sterben: Das Sterben aber ist "der
Sünde Sold" für Adams Kinder. Das Sterben unseres
Leibes zeigt die Wahrheit und den Ernst Gottes
über die Sünde. Und weil vor aller Augen ist, daß
alle Menschen sterben müssen, so ist auch vor
aller Augen bestätigt, daß Gottes Wort wahr ist.
Wenn aber Gottes Wort in diesem Punkt wahr ist,
dann ist es auch in dem Punkt, wo es vom Segen -
sprich vom Leben redet. Christus Jesus - in IHM
werden sie nicht allein einst alle lebendig
gemacht werden - nein, vielmehr: Schon jetzt ist
uns der Segen des Lebens durch ihn geschenkt.
Gottes Tat in Christus bedeutet Segen und Leben;
deshalb beinhaltet diese Tat das Ende des Fluches
und des Todes als der großen "Nichtung des
Lebens". Das Ende des Todes zeigt sich schon hier
und jetzt, auch in den kleinen Dingen des Alltags
wo gesegnet wird.
Gesegnet sind wir, wo wir das Wort des Apostels
hören und lernen und tun:
"Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort
mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr
dazu berufen seid, dass ihr den Segen ererbt."
Amen
Abschluß mit dem Vaterunser!
Herzlich grüßt
Jakob Stehle, Pfarrer
Zu den Texten
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